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SEXUALITÄT UND WAHRHEIT. WORÜBER DER SEX SPRECHEN UND
SCHWEIGEN SOLL UND WAS DIE LIEBE DAZU SAGT.
MYTHEN UND WIRKLICHKEIT
Ich beginne mit dem, was abfragbar und messbar ist, ein paar Daten1, die selten präsentiert und manchmal gar nicht gewusst werden, weil die Mythen über Sexualität soviel ertragreicher sind und in ihren normativen Anforderungen das Korsett des “du musst“ schnüren. Da die Alterssexualität in der Jugend beginnt will ich mit ihr anfangen: das sexuelle Verhalten der Jugendlichen hat sich seit den 60er Jahren nicht wesentlich verändert, bis auf ein Datum: die Mädchen initiieren häufiger die sexuelle Begegnung. Während 1970 80 % der Mädchen den ersten heterosexuellen Geschlechtsverkehr vollzogen, weil der Junge dies wollte, messen die Daten 2003 nur noch 20 %. Dramatisch änderte sich aber die Bedeutung von Sexualität: in der Hierarchie der abgefragten „Leidenschaften“ hält Platz eins „Musik“, Platz zwei „Mode“ und erst auf Platz drei kommt „Sexualität“. Bei den Jungen änderte sich zudem das Verhältnis zur Sexualität: sie ist für sie weniger ein Ding, das „gehabt“ werden soll, als vielmehr ein Verhältnis zu einer anderen Person. Die Romantisierung der sexuellen Beziehung ist bei den Jungen angekommen. Bleibt noch der Umgang mit Sexualität: Mädchen kommunizieren ihre Erfahrungen in ihrer Geschlechtsgruppe, Jungen haben weiterhin „kompetent“ zu sein, so dass Kommunikation, die helfenden oder unterstützenden Charakter hat in der Jungengruppe nicht stattfindet. Hier blockiert eine alte Männlichkeitsvorstellung die veränderte praktische Männlichkeit. 1 Alle Daten stammen aus Gunter Schmid: Das neue Der die Das. Giessen 2005. Ich empfehle auch das 8-teilige Feature (als podcast herunterladbar) von WDR 5, das unter der Rubrik „Leonardo – das Wissenschaftsmagazin“ anhörbar ist. Damit ist das zweite Thema angeschnitten. Aus den 70er Jahren wissen wir, dass das „Darüber-Sprechen“ – dank der psychoanalytischen Veralltäglichung – als ein Allheilmittel von Konflikt- und Problemlösungen empfohlen wird. Dieses Darüber Sprechen hat in allen feministischen Belangen, die nicht die Sexualität umfassen, zu großen Unruhen in den Beziehungen der Mittelschichten geführt. Das ruhige Heim der 50er- und 60er Jahre wurde zur kämpferischen Diskussionsgruppe, in der jedwede Arbeitsteilung und Geschlechtssterotype diskutiert werden musste. Für den Bereich der sexuellen Aktivitäten gilt das offenbar nicht: 2006 gaben 44 % der Männer und 32 % der Frauen an, sie kennten die sexuellen Wünsche des/der anderen. Die Zunahme an „Aufklärung“ und „Diversifikation“ der sexuellen Praxen mag viele Effekte gehabt haben, jenen der Schamminderung oder der Veränderung von Schuld hat sie offenbar nicht erbracht. Die gern gestellt Frage nach Häufigkeit. Am häufigsten ist die Häufigkeit in festen Beziehungen: 3 % der Paare hatten seit 5 Jahren keinen Sex, 5 % der Paare haben alle 2 Tage „Sex“, der Mittelwert liegt bei sechsmal im Monat. 95 % aller sexuellen Akte finden in festen Beziehungen statt. Singles sind moderne unerkannte Hungernde in unserer Gesellschaft. ABER: die Kopulationshäufigkeit ist seit den 50er Jahren gesunken. Aus der ehelichen Dienstleistung, die auch gesetzlich verankert war, wurde eine Subjekt-Subjekt-Beziehung, deren Ziel weniger die Quantität als die Qualität wurde. Dass sexuelle Langeweile – ein gern genommenes Thema in lesbischen Beziehungen – zum Beziehungsalltag gehört ist mittlerweile bekannt und weniger ein Problem, obwohl voraussichtlich noch viele PaartherapeutInnen von der „Lösung“ dieses Problems ihre Miete bezahlen. Ein knappes Wort zum Alterssex: weder die Libido, noch die Gefühle nehmen im höheren Alter ab. Weder Wechseljahre noch die Anzahl der Jahre bestimmen – so die Sexualitätsforschung – das Verlangen und das Was also wissen wir nach all den Fakten jenseits der Beruhigung irgendwie darin vorgekommen zu sein oder vielleicht beunruhigt festzustellen, dass man/frau nicht in diese Zahlen passt, weil man/frau zuviel/zuwenig von dem hat, was da verhandelt wird? KURZE GESCHICHTE DER „SEXUALITÄT“
Das Wort/der Begriff „Sexualität“ ist jung – etwas mehr als 220 Jahre alt. Es gibt also eine Geschichte, in die das Wort und vor allen seine Bedeutungen eingebettet sind. Wenn man sich vorstellt, dass vor 250 Jahren die Klassifikation von Verboten von unserem Standpunkt aus grob geschnitzt war, wird erst deutlich welche soziale und kulturelle Arbeit in der Differenzierung liegt: Ein Sodomit unterschied sich nicht von einem Ehebrecher und der nicht von einem Homosexuellen. Die naturwissenschaftliche, juridische, psychiatrische Klassifizierung des Menschen brachte einen abgrenzbaren Bereich „Sexualität“ hervor. Die spontane Gedankenform – unterstützt von Befreiungstheorien aller Art – nimmt Sexualität als ein von Verboten und Verhinderungen wahrnehmbaren Bereich wahr. Und zugleich als etwas, über das auf Dauer gestellt gesprochen wird und dem sich angenähert wird. Ein unendlicher Hunger nach einem Mehr an Erkundungen, an Wissen, an Technik wurde ingang gesetzt. Alle Welt spricht vom Sex, um zu sagen, dass er von der bürgerlichen Moral, von der Zielvorstellung von Ehe und Familie verdrängt und unterdrückt wird. Von dieser Moral, sagen die einen, hat uns Freud in gewisser Hinsicht befreit. Aber nur so geringfügig, sagen die anderen, nur so vorsichtig, auf so konformistische Weise, dass jetzt sogar auch die normalisierenden Funktionen der Psychoanalyse selbst angeprangert werden müssten. Aber gleichgültig, auf welche Art und Weise – alle wollen, dass vom Sex gesprochen wird, der angeblich die Wahrheit des Menschen enthüllt oder ihm doch die Möglichkeiten des Glücks bietet. Es sind diese Unterstellungen, die historisch neu seit dem Ende des 18. Jahrhunderts uns begleiten, verfeinert, ausdifferenziert werden, sich neu aufladen. Im 20. Jahrhundert war es Michel Foucault, der diese Repressionshypothese, Sexualität werde unterdrückt, aufgriff und radikal umbaute. Er schrieb, er werde den „Fall einer Gesellschaft . prüfen, die seit mehr als einem Jahrhundert lautstark ihre Heuchelei geißelt, redselig von ihrem eignen Schweigen spricht und detailliert beschreibt, was sie nicht sagt, die genau die Mächte denunziert, die sie ausübt, und sich von den Grenzen zu befreien verspricht, denen sie ihr Funktionieren verdankt. . Die Frage, die ich stellen möchte, lautet nicht: weshalb werden wir unterdrückt? Sondern: weshalb sagen wir mit solcher Leidenschaft, mit solchem Groll gegen unsre jüngste Vergangenheit, gegen unsere Gegenwart und gegen uns selbst, dass wir unterdrückt werden? Durch welchen Spiralgang sind wir dahin gelangt, zu bejahen, dass der Sex verneint wird, ostentativ zu zeigen, dass wir ihn verbergen, zu sagen, dass wir ihn verschwiegen – und das gerade dadurch, dass wir explizit darüber reden, dass wir ihn in seiner nacktesten Realität enthüllen suchen und dass wir ihn in der Positivität seiner Macht und seiner Wirkungen affimieren? Sicher kann man sich rechtens fragen, warum man so lange Zeit den Sex und die Sünde verbunden hat – wobei man sich noch anzusehen hätte, auf welche Weise diese Verbindung hergestellt worden ist, statt global und vorschnell zu sagen, warum wir uns heute dermaßen dafür entschuldigen, ehedem eine Sünde aus ihm gemacht zu haben.“2 Ich will die Logik mit der Foucault sich die Frage nach Konstituierung von Sexualität als Bereich stellt am Beispiel der Beichte erläutern. Beichte als Geständnis ist mit der Annahme verknüpft, dass die Beichtende eine Unterwerfung unter nicht selbst erfundene Regeln vollzieht. Beim Beichten selbst realisiert sich die Unterwerfung, die mit Unterdrückung gleichgesetzt werden kann. Darin aufgehoben ist die Annahme, dass das zu Beichtende mit „Sünde“ und also der Übertretung von Verboten einhergeht. In dieser Beichtlogik ist ein „falsches Sexualverhalten“ zu verhindern, um es nicht beichten zu müssen; oder anders: bestimmtes Handeln, bestimmte Taten sind zu „unterdrücken“. Foucault faltet diesen 2 Foucualit, Michel: Sexualität und Wahrheit. Frankfurt/M, 1977, S. 18 f. „Unterdrückungszusammenhang“ so auseinander, dass aus der Unterdrückung eine Produktion wird. Indem ich die Regeln des Verbots lerne, erwerbe ich erst ein Verständnis – in unserem Fall – von Sexualität und beginne mich – durch die Selbstbeobachtung – darauf zu konzentrieren. Ich werde „sexuell“ beim Bemühen, es nicht „falsch“ zu sein. Wie sehr „Sexualität“ ein gesellschaftliches Produkt ist und keineswegs „natürlich“ oder selbstverständlich lässt sich auch an der „politischen Ökonomie der Liebebeziehung“ entziffern. Die politische Ökonomie der Liebesbeziehung meint hier die Klassenverhältnisse, die die Integration der Liebesbeziehung in die ökonomischen Praktiken der Konsumsphäre ermöglichten und aufrechterhielten. Eine Liebesbeziehung zu unterhalten war nicht billig. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts finden sich in der Literatur zahlreiche Beschreibungen wie ein Rendezvous abzulaufen hatte und welche Kosten dabei anfielen: „Wir würden im Ritz zu Abend essen, zur Eröffnung der Ausstellung „Artists and Models“ gehen und anschließend im Central-Park-Casino zum Tanzen landen. Blauäugig wie ich bin, klang das ziemlich bescheiden. Gut, wenn 75,30 Dollar ein bescheidenes New Yorker Rendezvous sind, dann bin ich der Heilige Nikolaus.“ 3 Unter den Männern der Arbeiterklasse waren diese Ängste, ob man sich den Pries eines Rendezvous überhaupt würde leisten können, vermutlich eine Antwort auf die gängige Praxis, eine Frau „auszuhalten“. In bestimmten Teilen der Arbeiterklasse war es üblich, dass Frauen die Einladung von Männern zu bestimmten Vergnügungen (Theaterkarten, Drinks, Vergnügungsparks etc.) mit kleinen sexuellen Gefälligkeiten (Küssen, Petting und mitunter auch Geschlechtsverkehr) honorierten. Während Frauen in punkto Attraktivität und sexueller Anziehung miteinander wetteiferten, ging es bei Männern um ihre Fähigkeit, den Preis für die Unterhaltung zu bezahlen. Bezieht sich die Ökonomie von Liebesbeziehungen bis in die späten 80er Jahre des 20. Jahrhunderts auf den Erwerb von Konsumgütern und zu 3 zit. nach Illouz, Eva: Der Konsum der Romantik.Frankfurt/M. 2003, s. 63 bezahlenden Vergnügungen, an denen die Qualität eines Rendezvous abzusehen war – und seit Ende der 60er Jahre war die Gleichsetzung zwischen den Kosten für ein Rendezvous und seiner Qualität Allgemeingut geworden – bezieht sich die Ökonomie seit den 90er Jahren auf den instrumentellen Einsatz einer solchen Begegnung. In der Ratgeberliteratur für Frauen wird den Frauen eingeschärft, dass sie sich vor de Begegnung mit dem Mann klar sein sollten, was sie anstreben: einen one-night-stand, eine Beziehung oder den Vater späterer Kinder. Die Kosten des Einsatzes HINTER DER WIRIKLICHKEIT
Einige unserer Mythen von den hormongesteuerten und triebhaften Jugendlichen oder Männern, von triebarmen und hormongeschwächten Mädchen und Frauen, von zuwenig Feuchtigkeit und unaufgerichteten männlichen Geschlechtswerkzeugen entstammen wahrnehmungssteuernden theoretischen Annahmen, die an die Alltagswelt andocken konnten und sich so plausibel machten. Dazu gehört die Mär vom Trieb, der unsere sexuellen Bedürftigkeit „steuert“ und uns in die Sexualität bringt. Essen, Trinken, Schlaf und Trieb wurden seit Freud als Grundbedürfnisse angesehen. Aufsehenerregend sind sie nur, weil sie kein Aufsehen erregen, denn sie sind da, bevor wir denken können. Sie sind Erklärungstöter, weil sie unbefragbar scheinen. Anthropologische Konstanten. Die Triebkonstruktion hat viel Unglück und Verfolgung, Ausgrenzung und manchmal Tod gebracht. Der Trieb als „innere Verfasstheit“ der menschlichen Natur „erklärte“ die Fortpflanzungslust des Menschen, die ihm quasi angeboren schien. Da er die „Fortpflanzung erklärte“ erklärte er auch, warum Männer und Frauen sich suchen und sexuell finden. Die Konstruktion wurde zu einer natürlichen Angelegenheit und hatte durch die Zeiten unterschiedliche Namen und Konstellationen, war aber in sich nicht bezweifelbar. Das Recht auf die Erfüllung der „ehelichen Pflichten“ leitet sich von dort ab, auch wenn nicht die Reproduktion der Gattung gemeint war, sondern der mit der Triebkonstruktion einhergehende Irrglaube, dass der – überwiegend – männliche Mensch ein Dampfkessel sei, der hin und wieder Dampf ablassen müsse. Von dieser Denkfigur aus war die Häufigkeit des Dampfablassens bedeutender als das WIE. Obwohl eine immer größer werdende Industrie – die Pornohersteller-Vertreiber – immer größere Profite machte, die diesem Gedanken, dass das Dampfablassen von selbst käme, widersprach hielt sich dieser Aberglaube. Erst seit wir den Emanzipationsgedanken, die Befreiung und Freiwerdung von Zwängen, vor allem durch die Feminismen auch auf die Gattungsreproduktion, die Heterosexualität, die notwendige Gestaltbarkeit und ihrer Historizität aller Bedürfnisse, Gefühle und jedweden Wollens ausdehnten und all diese Dimensionen der „Natur“ entrissen, konnte sich der Sexualitätsgedanke de-naturalisieren. Heute sprechen wir von „sexual pattern“, sexuellen Mustern, die wir uns aneignen und durch die wir erworbene Lüste und Bedürfnisse befriedigen. Hetero-Homo und andere Sexualitäten sind Vergesellschaftungsmuster und nicht normale oder irregeleitete Naturereignisse. Wir gehen heute davon aus, dass eine gesellschaftliche Aufgabe darin liegt, die Heterosexualität herzustellen, Abweichungen davon als Regelmäßigkeit zu unterstellen und zu schützen. Blicken wir auf die Frage nach den Besonderheiten von Sexualität im Alter mit dieser Idee von sexual pattern. Die Trieb- oder Dampfkesselideologie konnte von Erschöpfungen des Triebes sprechen, die mit zunehmendem Alter einsetze. „Beweise“ dafür fanden sich in den abnehmenden Säften vor allem der Frauen. Die „Naturidee“ dahinter war, dass Frauen, solange sie reproduktonsfähig seien, sie auch die Säfte produzierten, mit dem Ende dieser Fähigkeit würde sich auf ihr Sexualvermögen verändern. Die Idee besticht durch ihre Einfachheit und dass sie erlaubt, Frauen weiterhin hauptsächlich von Naturkräften getrieben und nicht von Verlangen, Begehren und Lust und – was vielleicht das Wichtigste ist – vom jeweiligen DU beflügelt zu denken. Studien ab Ende der 90er Jahre des 21. Jahrhunderts (hier vor allem: Beate Schultz-Zehden) sind mit dem sexual pattern Ansatz gut zu verstehen, weil sie erlauben, Frauen als gesellschaftliche, soziale und vor allem historische Wesen zu erkennen, die ihre Sexualität im Alter in ihrer Jugend sich aneigneten und so von ihrer „Zweiten Natur“, nicht aber von ihrem Körper bedingt werden. Das sexuelle Verlangen, so die Studien, nimmt nicht ab, bis ins hohe alter gibt es sexuelles Wollen und Fühlen. Die berühmte Feuchtigkeitsfrage entspringt einer sexuellen Kultur, die es erlaubt, dass Frauen Sexualität betreiben, zu der ihnen die rechte Lust gefehlt hat. Die junge Frau ist immer feucht, diese auf Dauer gestellte Feuchtigkeit nimmt in der Tat ab. Die an Jahren erfahrene Frau ist nur feucht, wenn sie erregt ist. Infofern erfahren Frauen, die sich daran gewöhnten, Sex ohne Erregung zu betreiben, in der misslichen Lage, dass ihnen das auffällt. Männer in Beziehungen haben gelernt, ihre Potenzschwierigkeiten als Organproblem, als Altersfrage o.ä. abzubilden. Die Hersteller von Viagra freut dies. Tatsächlich ist es aber so, dass die erworbene Lust, sexuelles Begehren schnell, unkompliziert, unaufwendig und selbstbezogen zu befriedigen problematisch in Beziehungen werden kann. Der Aufwand, den die Frau verlangt ist mit dieser Vorstellung nicht vereinbar; der Mann vermeidet die Frau, verliert die LUST, nicht die Fähigkeit zum Sex, denn die Masturbation ist für ihn in den meisten Fällen unproblematisch. Es ist den Blick wert, die sexuellen Muster der Geschlechter zu untersuchen, um zu erkennen, dass die Beziehungen, die Erwartungen und die in den Körper eingeschriebenen Lüste es sind, die zwischen den Personen problematisch werden und nicht der Körper, das Alter oder die Hormone. Ein 60jähriger verliebte Mann ist sexuell aktiver als ein dreißig jähriger in Beziehung Lebender. Unterscheiden sich heterosexuelle Verhältnisse in diesem Punkt von jenen der Schwulen und Lesben? Selbstverständlich nicht und selbstverständlich doch: der schwule Mann trifft , was die sexuellen Muster angeht auf das gleiche Muster, die Erlahmung der Lust ist unwahrscheinlicher. Und diese direkte und final bestimmte Sexualität hat jenseits ihrer eignen Kultur entweder Neider/innen oder Feinde/innen. Lesbische sexuelle Kultur hat als Potential, sich zur dominanten Sexualkultur zu verhalten und sie umzubauen, sie zu benutzen wie einen Baukasten, sie muss nicht den Regeln folgen. Third Wave Feminism aus den USA führt diese Fähigkeit in einigen der Texte vor. Aber es wird auch noch viel geschwiegen über lesbische Sexualität. Auch von den Lesben selbst. SEXUALITÄT UND GESELLSCHAFT
Was hier gelernt werden kann ist: „Sexualität gibt es nur als gesellschaftliche Form, weil ein Bereich des menschlichen Empfindens, Erlebens und Handelns vor Jahrhunderten isoliert und als isolierter dramatisiert und mystifiziert worden ist. Weltweit erfolgte das auf diese Weise nur in Europa und Nordamerika. D. h. unsere „Sexualität“ ist mit einem äußerlich ganz ähnlichen Phänomen in Asien oder Afrika keineswegs identisch. Das verweist auf ein Paradoxon: Die Tatsache, das es sexuelles Erleben und Verhalten als „sexuelles“ nur gibt, wenn eine Gesellschaft eine allgemeine Sexualform herausstanzt und installiert hat bedeutet zugleich, dass das Sexuelle nur individuell wirklich ist. Der Begriff vögelt nicht und wird auch nicht schwanger. Das Paradoxon sagt: Sexualität ist nicht sexuell“. (Sigusch, Neosexualitäten) Im Grunde liegen Körper und Seele untrennbar ineinander. Vom Körper wüssten wir gar nichts, hätte er sich nicht in der Seele niedergeschlagen. Von der Seele wussten wir gar nichts, hauste sie nicht im Körper. Doch zu den Verrücktheiten unserer Kultur gehört, dass es uns nicht gelingen will, Körper und Seele zusammenzudenken und zusammenzuleben. Am Beginn der europäischen Moderne dachten Denker Geist und Materie auseinander, ein Schnitt ohne den die Naturwissenschaften und die Technik ihren Siegeszug nicht hätten antreten können. Er ermöglichte, die Außenwelt, die sogenannte res extensa, „objektiv“ zu beobachten und zu vermessen, als sei sie von der Innenwelt unabhängig, jener sogenannten res cogitans, die als „subjektiv“ herabgesetzt wurde. - Tatsächlich aber lagen Geist und Materie ineinander wie Körper und Seele. Die Innenwelt formte die Außenwelt, und die Außenwelt formte die Innenwelt. Heute ist der Körper entweder das Tierische, das Schlechte, das Sterbliche, die Leiche oder er ist das letzte Bollwerk gegen das alles durchdringende Kulturelle, der letzte Schlupfwinkel, in den sich die Natur als das scheinbar Ursprüngliche zurückgezogen hat. Daraus folgern die einen, es komme darauf an, den Körper zu durchleuchten, weil er uns sage, welches Geschlechts wir sind, während die anderen folgern, der Körper sei belanglos, weil Seele und Geist das Körpergeschlecht nicht nur überwinden könnten, sondern eigentlich erst fabrizieren (Transgender, Transsexualität, Intersexualität, u.a.m)- Beispiele) Beide Positionen werden heute in den Wissenschaften vertreten, greifen aber zu kurz wie alle Oppositionen, die nichts von Wechselwirkungen wissen wollen. Die Wirklichkeiten folgen nicht dem Schema Entweder- Oder, und die Körperseelen sind so tot oder lebendig wie die Kultur, die sich in sie einschreibt. Die klassische Physik nahm an, gleiche Ursachen hätte gleiche Wirkungen. Die heutige Physik postuliert verschiedene Wirkungen trotz gleicher Ursachen. Schon lange sind die Naturwissenschaften so klug, Ordnung und Chaos zusammenzudenken. Und die kritischen Philosophien wissen schon lange, dass in Wirklichkeit die kulturelle Natur, die noch immer die zweite oder dritte genannt wird, sehr viel wirkmächtiger ist als die biotisch, die biologische Natur. Das Denken in einfachen Kausalitäten und Oppositionen nach dem Schema Natur/Kultur, Ursache/Wirkung oder angeboren/erworben ist von den Natur- wie Geisteswissenschaften zu den Akten des alten Denkens gelegt worden, west aber in uns allen fort. Wir wissen, dass körperliche Geschlechtsmerkmale wie Chromosomen oder Keimdrüsen nicht immer psychosoziale Geschlechtsidentität ein für allemal festlegen. Doch wir wünschen es, weil wir anders kaum Sicherheit gewinnen können. Dabei kommt es in erster Hinsicht nicht darauf an, welches Körpergeschlecht wir haben, sondern wie es kulturell gefesselt und entfesselt, seelisch repräsentiert und erleb, geistig definiert und begriffen, sozial bestimmt und bewertet wird. Diese Konstruktion des Geschlechts kann nicht nur wie bei uns zwei Geschlechter, das männliche und das weibliche hervorbringen sondern wie bei den sogenannten Naturvölkern drei, vier oder mehr. Männliche Körper zeugen Kinder, weibliche tragen sie aus und bringen sie zur Welt. Insofern ist ein vollständiger Geschlechtswechsel nicht möglich, weil die Menschen nun mal an ihren differenten Körpern kleben wie an ihren differenten Seelen auch. Zu den Paradoxien unserer Kultur gehört, dass wir einerseits nur zwei Geschlechter kennen, andererseits aber, was wir alle ahnen, so viele Geschlechter existieren wie Menschen, weil nur dann von einem Individuum gesprochen werden kann, wenn es einmal und unverwechselbar ist. Keine Frau gleicht der anderen, kein Mann ist identisch mit einem anderen. Und doch pressen die großen Raster uns alle entweder in die eine oder die andere Kategorie. Im Augenblick werden in den wissenschaftlichen Diskursen Sexus und Genus, also Sexualität und Geschlechtlichkeit, voneinander getrennt. Vorausgegangen war die Trennung von Sexualität und Fortpflanzung, die den Anschein erweckte, als hätten die beiden überhaupt nichts miteinander zu tun. Heute geht es in den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen nicht mehr vorrangig um Triebschicksale, sondern um Geschlechtsschicksale. Das hat auch dem Transsexualismus und seinen Gefährten eine enorme Resonanz verschafft. Seit Beginn der 90er Jahre erscheint ein buch nach dem anderen, in dem das Rätsel des transsexuellen Wunsches im Zentrum steht. Lösungen sind nicht in Sicht. Kleine Fortschritte immerhin: seit 1981 ist in Deutschland ein Spezialgesetz für Transsexuelle in Kraft, das – ungewöhnlich genug – ihren Namen trägt und die Vorstellung von bloßer Zweigeschlechtlichkeit erweitert. Ein anderes Paradoxon zeigt sich auch als gesellschaftliches: je brutaler und alle gesellschaftlichen Bereiche einverleibender der Kapitalismus wird, desto größer werden die Freiräume für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten. Dass dies auch zu neuen Fragen an alte Normalitäten führt und ebenfalls einen befreienden Charakter haben kann, zeigt der Neologismus: Homoehe. Niemand hatte je zuvor von Heteroehe sprechen müssen, die der Begriff der Ehe selbst hatte dies impliziert. Und nun wird sie als das benennbar, was sie für die bürgerliche Gesellschaft jenseits aller Romantik immer war: Sorge und Pflicht für andere. Die neoliberale kapitalistische Gesellschaft ist durchzogen von Paradoxien und neuen Formen von Liberalität und belegt damit nachdrücklich ihre Wandlungsfähigkeit aber auch die alte Idee der Frankfurter Kritischen Theorie, dass die Entwicklung des Kapitalismus eben auch eine Entwicklung seiner Herrschaftstechniken ist. Wir sind alle bisexuell, weil wir alle, unabhängig vom Körpergeschlecht, auf einen anderen Menschen erotisch oder sexuell reagieren können, bewusst oder unbewusst. Wir alle sind transsexuell, weil wir alle beide kulturellen Geschlechter in uns tragen, weil wir alle einmal männlicher, einmal weiblicher sind und die diktierten Geschlechtergrenzen überschreiten. Und es ist doch die halbe Wahrheit. Denn zwischen dem, was allen unbewusst, phantasmatisch oder ein wenig ist, und dem was ein Transsexueller unbewusst und bewusst phantasmatisch und faktisch zu leben hat, klafft immer noch ein Abgrund von Vorurteilen und Angst. Die Liberalisierung der sexuellen Normen geht – auch das ist ein Paradoxon – einher mit der Festzurrung neuer Normen und vor allem der Unsicherheit, was noch innerhalb des gesellschaftlich Gesollten gewollt werden darf. LIEBE UND.
Liebe und Kapitalismus gehören zusammen, die individuelle Geschlechtsliebe ist auch ein Produkt der bürgerlichen Gesellschaft. Sie setzt Freiheit und Individualismus voraus – sie ist eine freie Übereinkunft. Der Kapitalismus zersetzt häufig was er erst ermöglichte: Menschen werden zunehmend zu Mitteln, es findet sich eine „allgemeine Verstofflichung des Mitmenschlichen“ (Sigusch) die der Liebe entgegensteht. Wenn der Satz des Philosophen Harry Frankfurt stimmt, dass eine Person sich in dem Maße liebt, in dem sie überhaupt irgendetwas entschlossen liebt, dann hängt unser aufrechtes Selbstverhältnis von einer, einem anderen ab. Liebe markiert einen Unterschied, der gelebt werden will. Für die Liebenden ist die Liebe eine Quelle von Gründen. Wer „nicht illusionär verkennt, wer nicht liebt, wird krank“ (Sigusch) Wenn ich solche Aussagen ernst nehme, dann ist die Liebe in ihrer gesellschaftlichen Form ein Lernzusammenhang, der sich gegen die Verhältnisse aufbegehrend verhalten kann, die ihn hervorbrachten: in der Tätigkeit des Liebens ist enthalten, dass ich mich selbst achte, also mich nicht erniedrigen und beleidigen lassen möchte; dass ich „Das Andere“ als Eigenständiges erfahre, das ich nicht eingemeinden, nicht mir gleich mache will und dennoch mit ihm leben möchte, ohne es gar nicht leben wollte – ein Lernen, das gegen die Ausgrenzung anderer verallgemeinert werden kann. Die Liebe, in sich nicht rational, immer aber ein dauerhafter Prozess, der sich in jedem Moment ganz und gar realisiert lehrt, dass es Illusionäres braucht, um balanciert zu bleiben, Illusionäres, das gestrickt ist wie jede Utopie die über uns hinausweist und der wir doch anhängen weil sie uns alltäglich Gründe liefert. Liebe macht Sexualität persönlich, was nicht bedeutet, dass eine anders gesuchte Befriedigung ins Unrecht gesetzt werden muss. Liebe lässt die Erfahrungen des Lebens im Alter pflücken, sie kann dann zu einem gesteigerten Genuss werden, weil die Erfahrenheit soviel mehr über Genuss in aktiver und passiver Form weiß. Und vielleicht ist das Begehren im Alter immer noch die Möglichkeit der Erfindung dessen die/den man lieben kann. Literaturempfehlungen
Aktuelle Sexualitätsforschung
Gagnon, John H. (2004): An Interpretation of Desire. Essays in the Study of Schmidt, Gunter (2005): Das neuen DER Die Das. Über die Modernisierung des Schmidt, G. S. Mathiessen und U. Meyerhof (2004): Alter, Beziehungsform und Beziehungsdauer als Faktoren sexueller Aktivität in heterosexuellen Beziehungen. Eine empirische Studie an drei Generationen. Zeitschrift für Sexualforschung 17 Sigusch, Volkmar (2005): Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. Campus. Frankfurt/M. Ders. (2008): Geschichte der Sexualwissenschaft. Campus. Frankfurt/M. Liebe/n im Kapitalismus
Frankfurt, Harry G. (2005) Gründe der Liebe. Suhrkamp. Frankfurt/M Illouz, Eva ((2006): Gefühle in Zeiten des Kapitalismus. Suhrkamp,. Frankfurt/M. Dies. (2003): Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche Artikel und Buchbeiträge- Frauen-Alter-Sexualität
Schultz-Zehden B. (2005). Sexualität und Alter In: Kuhlmey. A., Rosemeier, H.P., M. Rauchfuß (Hrsg.) - Tabus in Medizin und Pflege - P. Lang, Europ. Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main Schultz-Zehden B. & D. Foth (2005). HRT: Ansichten von Frauen und Frauenärztinnen In: Der Frauenarzt, 46/9, 2-5 Schultz-Zehden B. (2005). Menstruationserleben – Wirklichkeit und Wunsch . Schultz-Zehden B. (2005). Die Wechseljahre – Zeit des beruflichen Wandels. In: Zeitschrift für Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 4/12. Jahrgang, 367-376 Schultz-Zehden (2004). Das Klimakterium als Herausforderung. Zeit des Wandels und der persönlichen Neuorientierung. In: Psychotherapeut, Band 49, Schultz-Zehden, Beate (2004). Wie wandelt sich Sexualität im Alter? Das Sexualleben älterer Frauen - ein tabuisiertes Thema. In: fundiert, 01, 50-55. ISSN 1616-5241. Schultz-Zehden, B. (2004). Weibliche Sexualität in der zweiten Lebenshälfte Ergebnisse einer empirischen Studie an Frauen zwischen 50 und 70 Schultz-Zehden, B. (2003). Wie frei gehen ältere Frauen mit Sexualität um ? profamilia magazin 31. Jahrg. 04, 16-18. Schultz-Zehden, B. (2003). Anti-Aging und der Wunsch nach mehr Lebensqualität im Alter. GynoPanorama, 6/3, 11-13. Schultz-Zehden, B. (2003). Sexualität und Alter. BZgA Forum Sexualaufklärung und Familienplanung, Ausgabe 1/2 , 31-33. Schultz-Zehden, B. (2003). Krise der Frau in der Lebensmitte - hormonell oder psychisch ? Zeitschrift «Der Gynäkologe«, Band 36, Heft3, 224-230.

Source: http://www.sozialhilfeverband.at/joomla!/pdf/hauser.pdf

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