Spinaleinfekte

SPINALE INFEKTE
Das Spektrum spinaler Infekte umfasst sekundäre Spondylodiszitis, Osteomyelitis, epidurale und subdurale Empyeme, sowie intramedulläre Abszesse. Die intraspinalen Formen sind akute neurochirurgische Notfälle, bei denen die Zeit bis zur chirurgischen Therapie weitgehend die Prognose bezüglich der Funktion bestimmt. Unkomplizierte Spondylodiszitiden und Wirbelosteomyelitiden haben einen schleichenderen klinischen Verlauf und sind selten akute Notfälle. A. SPONDYLODISZITIS
Einführung
Vertebrale Osteomyelitis (Spondylitis) geht von der Grund- oder Deckplatte aus, befällt den Wirbelkörper sekundär. Die Spondylodiszitis ist eine primäre Entzündung im Zwischenwirbelraum, die von den benachbarten Grund- und Deckplatten ausgeht und auf die Bandscheibe und die Wirbelkörper übergreift. Häufig werden die Begriffe Spondylitis und Spondylodiszitis synonym verwendet, da zum Zeitpunkt der Diagnose sowohl Bandscheibe als auch Wirbelkörper befallen sind. Die Erkrankungshäufigkeit der infektiösen Spondylodiszitis wird mit 1:250 000 Einwohner angegeben (Digby 1979). Insgesamt sind 5% aller ossären Infektionen Spondylodiszitiden (Burke 1985). Die häufigste Lokalisation der Infektionen ist der untere Abschnitt der BWS und LWS (Garcia-Pardo 1999). Prädisponierende Faktoren sind Drogenabusus, Diabetes mellitus, Hämodialyse, Bei den infektiösen Spondylodiszitiden wird grundsätzlich zwischen spezifischen (Tuberkulose, Brucellose, Lues) und unspezifischen (Bakterien, Pilze, Parasiten) unterschieden. Die häufigsten Erreger der unspezifischen Spondylodiszitis sind Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa (i.v. Drogenabusus), Streptokokken, Pneumokokken, Clostridium perfringens, Haemophilus influenzae, Candida Die Ausbreitung der pathogenen Keime erfolgt meist hämatogen, kann aber auch bei nahe der Wirbelsäule gelegenen Primärherden per continuitatem und lymphogen geschehen. Die hämatogene Keimaussaat wird durch den Batsonschen Venenplexus begünstigt, der klappenlos ist und bei Druckänderung im Abdominalraum eine Richtungsumkehr des Blutstroms bewirkt und somit eine Keimverschleppung in Richtung Wirbelsäule. Nach Befall der Wirbelendplatten erfolgt dann üblicherweise der Befall per continuitatem der nicht Bei spezifischer tuberkulöser Spondylodiszitis geschieht der Befall durch lymphatische Aussaat der Tuberkelerreger, ausgehend vom respiratorischen bzw. urogenitalen System. Der Verlauf ist grundsätzlich chronisch. Die tuberkulöse Spondylodiszitis befällt bevorzugt den Bereich zwischen dem Th6 und L3 (Adler 1985). Risikofaktoren
Operationen, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Dialyse. Diagnostik
Im initialen Stadium der Erkrankung demonstrieren die Patienten meist unspezifische Symptome. Im Vordergrund stehen ausgeprägte, meist belastungsunabhängige aber
stark bewegungsabhängige Rückenschmerzen, auch in Ruhe und nachts. Schonhaltung. B-Symptomatik sowie subfebrile, aber auch hohe febrile Körpertemperaturen sind weitere klassische Symptome. Der neurologische Befund ist von der Raumforderung abhängig. Ein intraspinaler Abszess kann zu schweren neurologischen Ausfällen und Meningismus führen. In ca. 50% der Fälle mit unspezifischer Spondylodiszitis lässt sich ein wirbelkörperferner Infekt anamnestisch nachweisen. Bei der körperlichen Untersuchung weisen die Patienten Druck- sowie Klopfdolenz über dem betroffenen Wirbelsäulenabschnitt auf. Die Hämatologie zeigt eine Erhöhung von CRP und BSG. Eine Leukozytose ist nicht obligat. Ein Erregernachweis gelingt nur in ca. der Hälfte der Fälle (Rezai 1999). Mit einer Sensitivität von 92% und einer Spezifität von 83% (Straffen 1994) gilt das MRT heute als Methode der Wahl zur frühen Diagnose der Spondylodiszitis. Differentialdiagnostisch kommen aufgrund der Klinik primäre Wirbelmalignome, Wirbelkörpermetastase, degenerative Veränderungen und osteoporotische Sinterungsfrakturen in Betracht. Therapie
Konservative Therapie mit Antibiotika, Immobilisierung und Schmerztherapie ist primäres Management bei unspezifischer Spondylodiszitis. Die Antibiotikagabe erfolgt nach Erregerresistenztestung bzw. bei negativer Punktion mit einem knochengängigen breit wirksamen Antibiotikum. Z.B. Sobelin 3x900 . (bis zu 3x1200mg) mg 2 Wochen i.v. + 6-10 Wochen per os, evtl. kombiniert mit Ciprofloxacin bei Staphylococcus aureus. (Clindamycin: bei Staphylococcus aureus Resistenzen bei etwa 20 Prozent) Die Zeitdauer der Antibiotikatherapie beträgt mindestens 2 Monate und die Entzündungsparameter sollen sich zum Zeitpunkt des Absetzens normalisiert haben. Indikationen zur operativen Therapie der Spondylodiszitis sind erfolglose konservative Therapie, nicht beherrschbare Schmerzen, Spinalkanalkompression ohne oder mit neurologischen Defiziten sowie knöcherne Destruktion (destruktive Spondylodiszitis) mit biomechanischer Instabilität. Die operative Therapie besteht in Dekompression/Debridement, lokale Antisepsis/Antibiose, Rekonstruktion/Korrektur und Stabilisierung. Die operative Sanierung ermöglicht eine schnellere Ausheilung, sofortige Mobilisation und ein besseres
Bei chronischer Osteomyelitis immer auch Tbc abklären
(Therapie in Rücksprache mit Tropenmedizin. z. B.: über 10 Monate (Initialbehandlung über
2 – 3 Monate, z. B., Ethambutol, Pyrazinamid; dann Erhaltungstherapie über 8 Monate, z. B.
Rifampicin, Isoniazid)


B. SPINALES EPIDURALEMPYEM
Einführung
Epidurale Empyeme entstehen als Ausdehnung einer vertebrogenen Infektion oder metastatisch bei systemischen Infekten. Daneben sind sie seltene Komplikationen spinaler Eingriffe oder können als posttraumatische Komplikationen nach perforierenden Verletzungen auftreten. Die Erkrankungshäufigkeit des spinalen Empyems wird mit 1:10 000 Patienten angegeben (Baker 1975). Die häufigste Lokalisation der Infektionen ist lumbal. Vor der MR-Aera war diese Diagnose äußerst selten. In der letzten Dekade wurde eine deutliche Zunahme dieser Erkrankungen diagnostiziert, wobei unklar bleibt, ob es sich um einen tatsächlichen Trend handelt oder nur um eine Folge der besseren Diagnostik. Gehäuft finden sich Epiduralempyeme in Zusammenhang mit Diabetes mellitus, Alkoholismus, renaler Insuffizienz und Drogenkonsum. HIV scheint keine wesentliche Bedeutung für die Zunahme Der klinische Verlauf bei spontanen Infekten ist gekennzeichnet durch 4 Phasen: eine Prodromalphase von vertebralen Schmerzen und nach 2-4 Tagen eventuell radikulären Schmerzen, häufig in Kombination mit einer allgemeinen Malaise. Darauf folgen Muskelschwäche, sensible Defizite, Sphinkterdysfunktion und schlussendlich eine vollständige Paraplegie. Die Ursache der neurologischen Ausfälle ist einerseits in der Kompression des Rückenmarkes zu suchen und andererseits in sekundären vaskulären Thrombosen. Ischämie des Rückenmarks kann irreversible neurologische Ausfälle verursachen. Die Schnelligkeit der Progression ist variabel, aber im allgemeinen bei metastatischen Infekten schneller als bei vertebrogenen. Während die neurologischen Defizite bei ersteren meist innerhalb weniger Tage zur Paraplegie fortschreiten, kann sich die Progression bei letzteren über Wochen erstrecken. Bei etwa 40% der Patienten findet man klinisch meningitische Zeichen. Subfebrile oder febrile Temperaturen finden sich in der Mehrheit, aber nicht universell. Differentialdiagnostisch müssen aufgrund der Klinik eine Myelitis transversa, Tumormetastasen und Blutungen in Betracht gezogen werden. Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger (>50%). Daneben spielen S. epidermidis, Pseudomonaden, Enterobakter, Streptococcus viridans sowie auch Gram-negative Erreger eine Rolle. An Tuberkulose muss ebenfalls immer gedacht werden (in 20% der Fälle), vor allem bei Fortleitung aus der Nachbarschaft. Diagnostik
Die primäre Untersuchungsmethode ist die MRT, welche die Myelographie bei der Abklärung akuter spinaler Defizite weitgehend abgelöst hat. Die Aussagekraft ist bedeutend größer und die lumbale Myelographie hat in diesen Situationen ein signifikantes Risiko einer zusätzlichen Die Hämatologie zeigt meistens eine Leukozytose und eine Erhöhung von CRP und Blutsedimentationsgeschwindigkeit. Eine Lumbalpunktion soll nicht durchgeführt werden
außer das meningitische Bild steht im Vordergrund der Klinik. Diese zeigt eine variabel Therapie
Das Prinzip besteht in einer umgehenden chirurgischen Drainage und anschließenden Antibiotikatherapie. Die Wahl des chirurgischen Zuganges richtet sich nach der individuellen Ausdehnung. Die häufigste Lokalisation des Prozesses ist dorsal und lateral des Rückenmarks. Interlaminäre Fensterungen auf mehreren Höhen sind einer Laminektomie vorzuziehen. Dabei muss aber bedacht werden, dass häufig mehrere Kammern vorliegen und neben flüssigen Anteilen auch granulomatöses Gewebe vorliegen kann. Im Zervikalbereich ist eventuell ein anteriorer Zugang bei ventralen Kompressionen notwendig. Im Thorakalbereich ist bei anterioren Kammern eine Costotransversktomie notwendig. Nach Dekompression und ausgiebiger Spülung wird eine Saug-Spüldrainage eingelegt, wobei postoperativ Ein- und Ausfuhr engmaschig (6-stündlich) bilanziert werden müssen. Die Saug- Spüldrainage wird 3-5 Tage beibehalten. Die initiale Antibiotikatherapie wird mit einer Dreierkombination (Staphylokokkenpenicillin, Cephalosporin der 3. Generation und Aminoglycosid) eingeleitet. Z.B. Staphylex 3x4g + Ciprobay 2x400mg + Tobramycin 3x80mg. Nach Erhalt der Resistenz wird auf eine entsprechende Monotherapie umgestellt plus evtl. Metronidazol (Clont initial 3x 500mg dann 2x 500 mg). Die intravenöse Therapie bei Empyemen ohne vertebrogene Osteomyelitis soll während 4-6 Wochen durchgeführt werden, bei assoziierter Osteomyelitis mindestens 8 C. SPINALES SUBDURALEMPYEM
Einführung
Das spinale Subduralempyem ist noch seltener als das epidurale. Meistens handelt es sich um eine hämatogene Dissemination. Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger. Eine meningitische Beteiligung ist häufiger als bei Epiduralempyem. Diagnostik
Die Abklärung erfolgt wie bei dem Epiduralempyem. Therapie
Wie bei der epiduralen Lokalisation soll eine prompte chirurgische Drainage erfolgen. Beim subduralen Empyem ist die Hemilaminektomie über mehrere Etagen häufig der beste Kompromiss. Die subduralen Empyeme bestehen ebenfalls aus flüssigen und granulomatösen Kompartimenten. Die flüssigen Kompartimente werden alle eröffnet und die soliden Anteile werden sorgfältig, soweit schonen möglich, entfernt. Nach ausgiebiger Spülung wird die Dura wieder verschlossen. Eine Saug-Spüldrainage wird im Subduralraum nicht eingelegt. Die Antibiotikatherapie wird wie beim epiduralen Empyem eingeleitet. D. INTRAMEDULLÄRER ABSZESS
Intramedulläre Abszesse sind sehr seltene Erkrankungen. Die meisten sind hämatogene Disseminationen. Wie bei den zerebralen Abszessen spielen hier therapeutische oder krankhafte Immuninkompetenz eine gewisse Rolle die sich auch in der Beteiligung seltener Keime äußert. Die Therapieprinzipien sind die gleichen wie vorgängig erwähnt. Die Operationsindikation und der chirurgische Zugang richten sich nach der individuellen Läsion. Die Antibiotikatherapie soll nach initialer Dreierkombination möglichst resistenzgerecht über 4-6Wochen erfolgen. Obwohl aufgrund der Seltenheit der Erkrankung genaue Daten fehlen, erscheint beim intramedullären Abszess eine niedrigdosierte Kortikosteroidtherapie (z. B. 3x2 mg Dexamethason) in Analogie zu den Erfahrungen mit zerebralen Abszessen sinnvoll.

Source: http://neurochirurgie.uni-duesseldorf.de/downloads/SPINALEINFEKTE.pdf

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